Obwohl es glücklicherweise immer öfter Stimmen gibt, die sich mit dem Thema des Scheiterns auf eine konstruktive Art auseinandersetzen und damit an die Öffentlichkeit gehen — seien es Brené Brown mit ihrem Bestseller „Die Gaben der Unvollkommenheit“ oder aber auch Pema Chödrön mit ihrem Buch „Fail, fail again, fail better.“ — denke ich, dass Scheitern immer noch etwas ist, über das wir uns schwer tun zu sprechen. Scheitern wird für die meiste Zeit in unserer Gesellschaft eher als Tabu angesehen. Wie oft und mit wem sprechen wir darüber, dass wir etwas nicht hinbekommen haben, dass wir uns unwohl fühlen, weil wir nicht erfolgreich waren? Wie es uns mit einem Verlust, einem Misserfolg, einer Scheidung, einer Trennung oder jeglichem Ereignis geht, dass das Potenzial besitzt, uns aus unserer gewohnten Bahn zu werfen?
Wie sprechen wir über das Scheitern? Meist empfinden wir unser Scheitern als ein Makel. Krisen zeigen, dass wir nicht perfekt sind. Wie denn auch? Es gibt wahrscheinlich keinen Menschen, der alles immer nur so schafft, wie vorgenommen. Was passiert eigentlich in diesen Momenten, wenn wir uns eingestehen müssen, dass wir nicht vollkommen sind? Normalerweise fühlen wir uns schlecht, dumm, nicht gut genug, nicht liebenswert und denken, wir sind nicht gut, nicht schlau, nicht groß, nicht alt, nicht jung, nicht sonst etwas genug.
„Wo du stolperst, liegt dein Schatz.“
— Jospeh Campbell
Kann es wirklich sein, dass es in den Momenten, wo wir scheitern auch etwas Positives gibt? Etwas, woraus wir lernen können? Kann es sein, dass, wenn etwas schief läuft, Eigenschaften in uns zum Vorschein kommen, die wir — wenn alles glatt gelaufen wäre — gar nicht bemerkt hätten? Könnte es sogar sein, dass wir ohne zu fallen überhaupt nicht wachsen würden? Denn, was wäre eigentlich ein Leben mit lauter perfekten Menschen um uns herum, die immer nur alles richtig täten? Wäre das wirklich so erstrebenswert?
Stolpern passiert für uns: zum Wachsen und Hinterfragen
Nichtsdestotrotz sind wir immer noch genau so viel wert, genauso liebenswert, genauso klug, genauso wichtig, haben genauso ein Anrecht auf ein wunderschönes Leben. Wenn wir verstehen, dass wir nicht alles richtig machen können, weil es einfach unmöglich ist, weil es einfach keinen perfekten Menschen gibt und wir trotzdem weiterhin liebenswert sind, dann kann ein großer Druck von uns abfallen.
Es ist immer ein großer Unterschied zwischen dem Gefühl, dass man versagt hat oder ein Versager ist. Bei der ersten Formulierung kannst du immer noch davon ausgehen, dass du dich insgesamt in Ordnung und gut findest, aber irgendetwas vielleicht verpatzt hast. Die zweite Aussage beinhaltet, dass man inherent nicht in Ordnung ist, weil man grundsätzlich als Person nicht stimmt. Meine Beobachtung ist, dass wir sehr schnell dazu neigen, uns die zweite Formulierung zu Eigen zu machen. Wie oft hast du dich dabei ertappt, dir selbst z.B. zu sagen: „Ich bin so doof und nicht ich habe etwas doofes gemacht?“
Was wäre eigentlich, wenn wir Scheitern als nötigen Teil unseres Lebens ansehen, damit wir lernen und wachsen können und uns nicht im Stillstand befinden?
Natürlich hat Scheitern auch mit Schmerz und Verletzlichkeit zu tun. Aber irgendwann geht es darum, über den Schmerz hinauszuwachsen und hinzusehen und sich zu fragen: „Was bringt mir diese Situation hier bei? Was passiert hier für mich? Was kann ich lernen? Wie kann ich es das nächste Mal besser machen?“
Ist das nicht genau das, was ein erfolgreiches Leben ausmacht? Ist Scheitern nicht immer Teil des Erfolgs? Gibt es einen Menschen, den du als erfolgreich ansiehst, der in seiner Biografie sich nicht irgendwann einmal fürchterlich geirrt hat?
Scheitern ist kein Makel. Scheitern ist ein natürlicher Teil unserer Lebens, der das Potenzial in sich birgt, uns mehr zu der Person zu machen, die wir eigentlich sein wollen.
Sei das Licht
Peri