Ganz ehrlich: Meist sind wir mit unseren Gedanken ganz woanders als in dem jetzigen Moment. Es kann sein, dass wir in der Vergangenheit sind und über Situationen nachdenken, die bereits eingetreten sind. Oder wir sind besorgt über eine Zukunft, die noch nicht eingetreten ist oder beides. Sind wir gedanklich in der Vergangenheit, denken wir über bereits geschehene Situationen, die uns vielleicht irritiert haben nach. Womöglich drehen wir uns im Kreis, um in unserem Kopfkino vergeblich etwas am Geschehen zu verändern.
Wenn wir wenig achtsam sind, passiert so etwas sogar ziemlich regelmäßig. Oft mit dem Ergebnis, dass wir eher noch unzufriedener werden. Denn wie oft hat sich dadurch, dass wir über das Vergangene nachgedacht haben, wirklich etwas verändert? Bis auf dass wir schlechte Laune davon bekommen haben. Wenn wir uns mit den Gedanken immerzu nur in der Vergangenheit aufhalten, weil wir diese als ungerecht empfunden haben, was können wir damit bewirken? Die Vergangenheit ist etwas, was wir nur mit der Macht unserer Gedanken am Leben erhalten können oder aber auch nicht. Und ja, unsere Gedanken besitzen Macht! Das ist zuerst ein erschreckender Gedanke. Wenn wir diesen Gedanken zulassen, dann müssen wir uns eingestehen, dass wir die Aktivität des Denkens selber unter Kontrolle haben und damit Verantwortung tragen für das, was uns geschieht. Gleichzeitig ist es aber auch genau diese Erkenntnis, die großes Potenzial birgt. Vielleicht das größte Potenzial, welches uns das Leben zur Verfügung stellt. Denn die Macht, etwas zu verändern ist damit nicht im Außen, sondern sie steckt in uns. Wir können unsere Gedanken leiten. Denn das Einzige, was veränderbar ist, ist unsere Einstellung zur Vergangenheit. Ob wir unsere Einstellung verändern oder nicht, liegt wirklich ganz bei uns.
Es ist nicht möglich die Geschehnisse der Vergangenheit zu verändern. Aber es ist immer möglich, unseren eigenen Blickwinkel auf vergangene Ereignisse zu ändern und im Hier und Jetzt zu leben.
Jemand hat mal gesagt, dass Vergebung das Aufgeben der Hoffnung ist, dass sich unsere Vergangenheit verändert. Wie viel mehr Energie und Kraft wir hätten, wenn wir unsere Vergangenheit einfach akzeptieren, von ihr lernen und loslassen würden? Wenn wir uns erst einmal bewusst machen, wie viel Zeit wir mit unseren Gedanken in der Vergangenheit sind, dann könnten wir uns wohl auch ausmalen, wie viel Zeit und Aufmerksamkeit wir mehr für uns und diesen Moment hätten. Nicht viel besser ergeht es uns, wenn wir einen Großteil der restlichen Zeit – aus Angst vor dem Ungewissen – uns Sorgen um die Zukunft machen. Denn nun befinden wir uns mit unseren Gedanken irgendwo an einem Punkt, der noch nicht eingetroffen ist. Wem ist damit geholfen? Wenn unsere Gedanken in der Vergangenheit und in der Zukunft sind, sind wir vollen allem immer nicht dort, wo das Leben sich wirklich abspielt: in der Gegenwart. Denken ist eine gute Sache, wenn wir diese nutzen, um konstruktiv voranzukommen und nicht, um uns Sorgen um die Zukunft zu machen oder uns über unsere Vergangenheit zu ärgern. Doch meist sind wir durch unsere Gesellschaft und unsere Erziehung so konditioniert, nicht im Hier und Jetzt zu sein. Es ist damit nicht eine ganz so einfache Aufgabe aus dieser Konditionierung herauszukommen und deshalb geht es mir auch nicht darum, jemanden zu verurteilen. Ich merke auch oft genug, dass ich viel zu viel im Kopf bin und über Dinge nachdenke, die sich in der Vergangenheit oder Zukunft abspielen. Aber ich weiß, dass es möglich ist, diesen Zyklus zu durchbrechen, z.B. mit Hilfe von Meditation.
„Du kannst Dich nicht selber finden, indem Du in die Vergangenheit gehst. Du findest Dich selber, indem Du in die Gegenwart kommst.“
— Eckart Tolle
Autor Eckart Tolle sagt, dass wir Menschen dazu neigen, zwanghaft zu denken. Dass nicht wir unser Denken im Griff haben, sondern unser Denken uns. Automatisch und meist wenig konstruktiv denken wir, beurteilen wir, machen wir uns Sorgen, ärgern uns etc. Erst, wenn wir in der Lage sind, zu sein – ohne das Wirrwarr in unserem Kopf – können wir den gegenwärtigen Augenblick vollkommen wahrnehmen.
Was heißt es eigentlich den gegenwärtigen Moment vollkommen wahrzunehmen?
Es heißt, dass wir mit unserer Achtsamkeit nirgendwo anders sind, als dort, wo wir derzeit sind und bei dem, was wir derzeit tun — egal wie vermeintlich wichtig oder unwichtig unsere Tätigkeit ist — auf unsere Einstellung kommt es an. Es ist das Gegenteil von Multitasking. Wir sind, so gut es uns möglich ist, immer bei der Aktivität, die wir derzeit verrichten.
Wenn wir so durch unseren Alltag gehen, dann müssen wir uns bestimmt nie wieder fragen, ob — einmal aus der Haustür heraus — wir noch mal rein müssen, um zu kontrollieren, ob der Herd nun aus oder an ist. Übringens, wenn du dir regelmäßig die Herd-Frage stellst ist das ein guter Indikator dafür, dass du höchstwahrscheinlich schon wieder mehrere Dinge gleichzeitig gemacht hast und deine Aufmerksamkeit nicht in der Gegenwart war. Wie wäre es, wenn du dir für eine Woche eine Tätigkeit heraussuchst, die du versuchst mit aller Aufmerksamkeit zu machen, wie z.B. Zähne putzen, Musik hören oder Abspülen?
Die Kunst ist wahrscheinlich auch, sich nicht darüber zu ärgern, wenn es nicht auf Anhieb klappt. Das ist vollkommen normal und sollte dich nicht aus der Ruhe bringen. Sei weiterhin großzügig und gütig mit dir. Alles ist gut und du bist genau dort, wo du sein sollst.
Sei das Licht
Peri