Mit 18 Jahren habe ich mich dazu entschlossen, vegetarisch und so gut es ging biologisch zu leben. Damals — denn das ist schon eine ganze Weile her — war das ein ziemlich einsamer Weg. Essen mit Herz und Verstand sah ungefähr so aus: Die meiste Zeit gab es für mich Beilagen zu essen. Das war kein Drama für mich, weil es mir so besser ging, als Fleisch zu essen. Damals gab es bei mir in der Nachbarschaft zwar zwei kleine Reformhäuser, aber größere Bio-Supermärkte, die mich später als Zielgruppe entdecken würden, waren noch sehr weit weg.
Diese Situation hat sich in der Zwischenzeit grundlegend verändert. Ich kann überall — sogar im „normalen“ Supermarkt bei mir um die Ecke— vegetarische Produkte einkaufen. Regelmäßig versuche ich auch, vegane Tage einzulegen. So gut es geht verzichte ich auch auf Gluten. Ich mache das nicht, weil ich denke, dass ich dann spiritueller bin als andere Menschen oder etwa Gewicht verlieren will. Ich mache das, weil ich mit ich mich mit Herz und Verstand ernähren will . Im Laufe meines Lebens habe ich einfach einige Dinge ausprobiert und dadurch gelernt, was mir in Sachen Ernährung guttut und was nicht. Beispielsweise habe ich einige Nahrungsmittel für eine gewisse Zeit weggelassen und darauf geachtet, ob es mir nach dieser Zeit besser oder unverändert geht. Essen mit Herz bedeutet für mich auch, dass ich mich nicht zu irgendetwas zwinge. Das hat bei mir nur den Effekt, dass ich dann irgendwann genervt bin.
Essen mit Herz: Höre auf deine innere Stimme, wenn es um deine Ernährung geht. Was tut dir gut?
Unter guten Lebensmitteln versteht jeder etwas anderes. Ich achte so gut es geht auf regionale und saisonale Produkte. Fertigprodukte vermeide ich, wenn es geht. Meist landen Demeter- und Bio-Lebensmittel in meinem Einkaufswagen. Jeder hat seine individuellen Prioritäten im Leben. Eine meiner Prioritäten ist, dass ich sehr auf die Lebensmittel achte, die ich esse. Ich weiß einfach, dass Ernährung einen großen Einfluss auf unser Wohlbefinden haben kann. Es gibt auch viele Studien, die belegen, dass Ernährung — bestimmte Kräuter sowie bestimmtes Obst und Gemüse — zur Prävention von Krankheiten beitragen kann bzw. die Genesung positiv beeinflusst.
Die amerikanische Psychologin und Ärztin Kelly Brogan hat ein Buch über das Thema Depression bei Frauen, Ernährung und Darmgesundheit geschrieben. In diesem Buch beschreibt sie, dass sie als Ärztin viele weibliche Patientinnen hat, deren Depression durch individuell angepasste Ernährung merklich reduziert werden konnte. Sie vermutet einen Zusammenhang zwischen industriell verarbeiteten Lebensmitteln und Despression.
Vegetarisch zu essen macht dich nicht spiritueller als andere Menschen.
Meine Überzeugung ist, dass gute und hochwertig produzierte Lebensmittel für uns alle von höchster Priorität sein sollten. Denn Ernährung kann unseren Körper und Geist unterstützen. Nichtsdestotrotz mache ich mir nichts vor: Wenn die innere Einstellung nicht stimmt, dann hilft auch alles andere nicht — auch nicht gesunde Ernährung. Wenn du dir Veränderung in deinem Leben wünscht, sei es mehr Liebe, einen besseren Job, mehr Erfüllung, mehr Freude, mehr Geld, mehr Freiheit, dann ist gesunde Ernährung nicht genug. Jeden Morgen einen grünen Smoothie trinken, zum Coaching gehen, Yoga machen, meditieren — all diese Dinge sind an und für sich großartig, helfen aber nur bedingt, wenn deine innere Einstellung zu dir selbst und zu einer höheren Intelligenz nicht stimmt. Wenn du trotzdem weiterhin denkst, dass du ein Opfer deiner Situation bist, was bringt dir essen mit Herz und Verstand? Schaden kann es natürlich nicht, aber tiefgründige und dauerhafte Veränderen treten dann höchstwahrscheinlich auch nicht ein. Es ist bestimmt nicht schlecht gesund zu essen, aber deine innere Einstellung und ein ehrlicher Umgang mit deinen eigenen Gefühlen sind entscheidend. Sich selbst gern haben, sich akzeptieren und seine Situation nicht verurteilen, egal, was derzeit bei dir im Leben los ist. Egal, ob du schon dort bist, wo du sein willst. Das ist viel wichtiger als alles andere. Vor allem hilft dir Freude auf deinem Weg. Gesunde Ernährung ist dann Teil dieses ganzheitlichen Ansatzes. Die Kunst liegt also darin, prinzipiell gut zu dir zu sein. Egal, um welchen Lebensbereich es sich auch immer handelt. Vor allem ganz egal, ob du in diesem Lebensbereich bereits alles erreicht hast, wovon du träumst. Fakt ist, du kannst viel mehr erreichen, als du denkst. Du hast viel, viel mehr Stärke als dir bewusst ist. Nun, da das hier auch geklärt ist, fahre ich fort mit dem eigentlichen Thema.
Wir sind Teil der Natur, nicht andersherum. Wir scheinen oft zu vergessen, wer eigentlich wen beherbergt.
Wenn wir bewusster essen hat das nicht nur einen positiven Effekt auf uns, sondern auch auf Natur und Tiere. Wenn du dir Gedanken darüber machst, wo z.B. deine Milch aus dem Supermarkt nebenan eigentlich herkommt und unter welchen Umständen die Kuh gelebt hat, kann ich mir schlecht vorstellen, dass du diese Milch reinen Gewissens kaufen kannst. Herkömmliche Milch bekommst du im Supermarkt für bereits 65 Cent. Ich frage mich sofort, wie dieser Preis zustande kommen kann. Was verdient ein Bauer pro Liter bei solch niedrigen Preisen? Wie ergeht es der Kuh, wenn der Bauer so wenig an der Milch, die er verkauft, verdient?
Auch mit dem Fleisch in unseren herkömmlichen Supermärkten verhält es sich so ähnlich. Wo kommt das Fleisch her, wie haben die Tiere gelebt? Philosoph Richard David Precht vertritt die Meinung, dass wir Hunger auf der Welt auslöschen könnten, wenn wir Massentierhaltung beenden würden. Denn 50% des weltweiten Getreideanbaus wird an Tiere verfüttert. Es ist gar nicht nötig, lange herumzustochern, um zu sehen, wie äußert bedenklich es ist, dass wir immer alles im Überfluss in den Supermärkten zur Verfügung haben müssen. Brauchen wir wirklich alles immer und zu jeder Zeit? Macht uns das wirklich so viel glücklicher?
Wir verschwenden Nahrungsmittel und schmeißen vieles, was wir einkaufen, auch gern mal wieder weg. Für mich ist der achtsame oder besser gesagt die fehlende Achtsamkeit im Umgang mit unseren Nahrungsmitteln auch ein Ausdruck dafür, wie respektvoll wir mit Mutter Natur umgehen. Wie respektvoll sind wir mit Ressourcen, mit den Menschen, die in den Prozess der Herstellung involviert waren? Wir sind Teil der Natur, nicht andersherum. Wir scheinen oft zu vergessen, wer eigentlich wen beherbergt.
Unsere Möglichkeiten zu essen werden immer vielfältiger — kein Wunder, dass wir da manchmal überfordert sind.
Heute gibt es nicht nur Menschen, die Fleisch essen und Menschen, die kein Fleisch essen. Das Thema Ernährung und was soll ich essen ist sehr viel komplexer geworden. Es gibt die Paleo-Diät, glutenfreie Ernährung, Veganer, die Menschen, die nach 18h garantiert nichts mehr essen, Frutarier, grüne Smoothies-Anhänger, Green Juice-Trinker, gekeimte Nüsse-Esser, Superfoods-Vertreter, makrobiotische Küche, Rohkost-Fans…die Liste kann bestimmt noch um einige Gruppen ergänzt werden. Je nachdem, wem wir grade zuhören, gibt es etwas anderes zu beachten, wenn es um gute Ernährung geht. Ich erinnere mich an eine Zeit in der Agavendicksaft der neuste Trend als Zuckeralternative war. Dann kam die Zeit in der viele Ernährungsexperten vor Agavendicksaft warnten, da Agavendicksagt zum größten Teil nur aus Fructose besteht. Fructose ist in der Form, wie sie im Agavendicksaft zu finden ist, schädlich für Nieren und Knochen. Nun greifen viele Menschen zu Stevia oder Kokosblütenzucker als Zuckeralternativen. Jedoch ist es möglich, dass auch diese Alternativen in der Zukunft sich als ungesund entpuppen können.
Ich habe dann den Entschluss gefasst, dass ich vor allem auf mich und meine innere Stimme hören möchte, wenn es ums Essen geht. Jeder Körper und jeder Stoffwechsel sind einzigartig. Das heißt, vielleicht tut dir eine Paleo-Diät gut, aber es ist auch OK, wenn das nicht der Fall ist. Vielleicht ist Knochenbrühe gesund, aber dir dreht sich der Magen, wenn du daran denkst, du müsstest diese Brühe essen.
Entwickle deine eigene Diät, hole dir die Informationen, die du benötigst, die Tipps, die dir guttun. Vielleicht macht auch ein Besuch bei einer Ernährungsberatung Sinn, wo individuell auf deine Bedürfnisse eingegangen werden kann. Für mich ist es wichtig, immer wieder in mich hineinzuhorchen und mich zu fragen, ob ich mich grad wohl fühle. Wenn nicht, dann schaue ich, dass ich verstehe, was ich tun kann, damit es mir wieder gut geht. Wenn du ehrlich zu dir bist — auch in Sachen Ernährung — dann verändert sich bestimmt auch, wie du dich ernährst. Es können ja ganz kleine Veränderungen sein. Es muss ja nicht so sein, dass du von einem Tag auf den anderen alles umschmeisst, was du bis dahin in Sachen Ernährung gemacht hast. Du bist dein eigener Experte. Wenn du es zulässt und dir zuhörst, dann weißt du am besten, was dir guttut.
Sei das Licht
Peri